Betreff
Nachtragshaushalt 2009; Empfehlung zur Veranschlagung der im Nachtragshaushalt 2009 vom Fachbereich Jugend angesetzen Mittel
Vorlage
2009/JHA/008
Art
Jugendhilfeausschuss

Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt die Bereitstellung der Haus­haltsmittel in dem Umfang wie sie durch den Fachbereich Jugend im Rahmen des Nachtrags 2009 veranschlagt worden sind.

 

 


Der Fachbereich Jugend hat im Verlauf des Jahres die Politik  mittels zweier Zwischenberichte über die Entwicklungen in der Jugendhilfe und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Haushalt infor­miert.

 

Der als Anlage nun beiliegende Nachtrag 2009 basiert auf dem letz­ten Zahllauf Ende August 2009 und den sich daraus im Rahmen ei­ner Hochrechnung ergebenden Zahlenwerke. Der Fachbereich hat die Einschätzungen dabei sehr vorsichtig vorgenommen, in der Hoff­nung, das errechnete Gesamtergebnis bis zum Jahresende halten zu können.

 

Unter Hinweis auf die bisher abgegebenen Zwischenberichte soll im Folgenden nochmals auf die wesentlichen Ausschläge eingegangen werden.

 

36323 Gemeinsame Unterbringung von Müttern und Vätern mit ihren Kindern:

 

Mittlerweile sind rund 32% aller neugeborenen Kinder im LK Nien­burg nichtehelich geboren. Der LK Nienburg nimmt damit in Relation zu den umliegenden Kreisen die „Spitzenposition“ ein. Dies drückt sich negativ aus in einer überproportional hohen Quote allein erzie­hender Elternteile (regelmäßig Mütter), wobei zudem eine Zunahme Hilfe suchender minderjähriger Mütter zu verzeichnen ist.

 

Die im Regelfall mit der Alleinerziehung einher gehende prekäre so­ziale Lage dieser Elternteile und daraus erwachsende finanzielle wie auch psychische Problemlagen zeigen sich hier sehr deutlich über diese Hilfeart und machen überdies die Notwendigkeit der Fortfüh­rung unterstützender Angebote (Hebammen, Familienhelfer, etc.) deutlich.

 

36335 Sozialpädagogische Familienhilfe:

 

Hier gelten die obigen Ausführungen analog. Die  Ressourcen und Erziehungskompetenzen in den belasteten Familien, die vielfach von psychisch kranken Elternteilen und finanziellen Notlagen geprägt sind oder aus vielschichtigen Gründen bereits über Generationen hinweg  durch Jugendhilfe begleitet werden mussten, schwinden zu­sehends und bedürfen verstärkt der Unterstützung, um in der Zukunft nicht in die stationäre Erziehungshilfe zu geraten. Allein seit der Auf­stellung des Haushalts 2009 im vergangenen Jahr ist die Fallzahl in der Sozialpädagogischen Familienhilfe um 30 Fälle gestiegen.

 

36336 Erziehung in der Tagesgruppe:

 

Sämtliche Tagesgruppenplätze im Landkreis sind mittlerweile belegt. Es ist hier innerhalb der letzten 12 Monate eine Fallzahlsteigerung von 28 auf inzwischen 52 Plätze erfolgt. Es wird mittlerweile mit allen Diensten daran gearbeitet, alternative kostengünstigere Angebote (Gruppenangebote) zu schaffen. Die BezirkssozialarbeiterInnen ha­ben im Rahmen ihrer sozialräumlichen Orientierung den Auftrag, über die Vernetzung mit Schulen, Präventionsräten, Kitas und ande­ren Institutionen Bedarfe und Möglichkeiten zu erfassen und daraus Angebote zu entwickeln. Die Schaffung weiterer Tagesgruppen ist im Hinblick hierauf zunächst nicht vorgesehen.

 

36338: Heimerziehung:

 

Die Fallzahlen zeigen sich relativ konstant, allerdings zeigen die ab­geschlossenen Leistungsvereinbarungen und die damit verbundenen Entgeltsatzerhöhungen Auswirkungen. Auch die Heimerziehung ent­zieht sich einer Prognose für die Zukunft.

 

36341 Hilfe für junge Volljährige:

 

Aktuell ist die Entwicklung etwas rückläufig, entzieht sich aber jeder Prognose für die Zukunft. Dies insbesondere weil die jungen Volljäh­rigen, die noch weiter zu begleiten sind, zumeist wegen hoher Auffäl­ligkeit nur äußerst schwer und oft kostenintensiv durch ein besonde­res Betreuungssetting zu versorgen sind.

 

36342 Vorläufige Schutzmaßnahmen (Inobhutnahmen/-
            Herausnahmen):

 

Hier folgt der Landkreis Nienburg/Weser leider in vollem Maß dem bundesweiten Trend, muss allerdings fast ausschließlich auf statio­näre Einrichtungen ausweichen, da weder ausreichend Bereit­schafts- noch überhaupt Pflegestellen vorhanden sind, die diesem Trend zumindest finanziell etwas entgegen setzen könnten. Aufgrund der langwierigen Sorgerechts- und teilweise auch staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren müssen die Kinder und Jugendlichen oftmals über Monate hinweg in diesen Einrichtungen bleiben, bis abschlie­ßend eine Hilfe installiert oder eine Rückführung in die Familie erfol­gen kann.

 

36343 Eingliederungshilfe stationär für seelisch Behinderte:

 

Nach Rückläufigkeit in 2008 steigen die Fallzahlen mittlerweile wie­der an. Bei den stationären Unterbringungen sind vermehrt beson­dere und damit teuere Betreuungsnotwendigkeiten gegeben, die ihre Ursachen in den Störungsbildern der Kinder und Jugendlichen ha­ben.

 

36420 Vollzeitpflege:

 

Ein Ausbau des Angebotes an Vollzeitpflegestellen ist bislang trotz großer Bemühungen des Fachdienstes nicht gelungen. Wie im letz­ten Entwicklungsbericht dargestellt, ist es sehr schwer, für hochgra­dig auffällige Kinder und Jugendliche Pflegeeltern zu gewinnen, da diese Kinder eine extreme Belastung für die aufnehmenden Familien bedeuten, die natürlich neben der allgemeinen erzieherischen Her­ausforderung auch einen sehr hohen pädagogischen Ausbildungs­stand der Pflegeeltern erfordert.

 

Daneben arbeitet im Landkreis mittlerweile ein großer Träger aus NRW und demnächst auch ein Träger aus Bremerhaven mit einer großen Zahl von Erziehungsstellen, die die Zahl potentieller Pflege­eltern erheblich dezimieren.

 

Dennoch arbeitet der FD 364 weiter intensiv an der Gewinnung von Pflegeeltern mittels Informationsveranstaltungen in den Kommunen und Ansprache infrage kommender Personen/Institutionen.

 

36512 Kindertagespflege:

 

Die Kindertagespflege ist noch immer im Aufbruch begriffen, die In­anspruchnahme läuft noch immer verhalten, aber ständig steigend.

 

Die Veränderungen in der Finanzierung der Tagespflege durch die Betriebskostenzuschüsse des Bundes/Landes werden in einer ver­änderten Satzung zur Tagespflege ihren Niederschlag finden und im nächsten Jahr sicherlich zu einem deutlichen Anstieg der Inan­spruchnahme führen.

 

36514 Kindergartengebühren:

 

Der Krippenausbau hat bislang noch keinen deutlichen Niederschlag gefunden. Allerdings lässt der anstehende Ausbau in den Kommu­nen die Inanspruchnahme der bislang geplanten Mittel für das nächste Jahr erwarten. Hinzu kommt die aktuelle wirtschaftlich Lange und die zu erwartenden fi­nanziellen Auswirkungen bis in die Haushalte der Familien hinein. Es sei hier auf die aktuell veröffentliche Statistik zur Verarmung hinge­wiesen, in der der LK Nienburg wieder einen negativen Spitzenwert aufweist. Für das kommende Jahr wird daher eine weitere Ver­schlechterung gesehen.

 

36754 Eingliederungshilfe für seelisch Behinderte (ambulant)

 

Auf die Entwicklung der ambulanten Maßnahmen wurde im Entwick­lungsbericht bereits hingewiesen.

 

Die ambulante Eingliederungshilfe – soweit sie sich auf Teilleis­tungsstörungen und/oder Schulbegleitung verhaltensauffälliger, teils delinquenter Kinder bezieht – steht aktuell im Zeichen einer Bedarfs­deckung, die nach Auffassung vom FB Jugend grundsätzlich nicht über Jugendhilfe sicherzustellen ist. Vielmehr wird hier ein Problem – wie übrigens in der Eingliederungshilfe des FB Soziales auch – im Rahmen der Jugendhilfe auf die Kommunen verlagert, das eigentlich in die Lösungskompetenz des Kultusministeriums gehört.

 

Ursächlich hierfür sind sicherlich die vermehrt diagnostizierten Fälle von Asberger Syndrom, das Fehlen von Förderschulen für schwie­rige delinquente Kinder, aber auch die oftmals sehr schwierige Ab­grenzung zu pädagogischen Hilfen.

 

Mittlerweile besteht ein Arbeitskreis zwischen der Landesschulbe­hörde, dem FB Gesundheit, dem FB Soziales und dem FB Jugend, um gemeinsam Vorgehens- und Verfahrensweisen und Abgrenzun­gen zu erreichen. Dies wird allerdings – da hier sämtliche Schulen mit einzubinden sind, von denen vermehrt die Initiative ausgeht – eher mittelfristig zu (finanziellen) Erfolgen führen.

 

Bis dahin sind Ablehnungen des Jugendhilfeträgers nahezu chan­cenlos, da er spätestens im Wege des einstweiligen Verfahrens durch die Gerichte zur Kostenübernahme verpflichtet wird.

 

Es läuft hierzu im Rahmen der Eingliederungshilfe, deren „Erbe“ die Jugendhilfe im Regelfall antritt, bereits eine Initiative der kommunalen Spitzenverbände mit der Absicht, das Kultusministerium zu veranlassen, nach einer Lösung der Kostenverschiebung zu suchen, die dann sicherlich auch Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Jugendhilfe haben wird.

 

Ungeachtet dessen wird im Rahmen der Feststellung der Beein­trächtigung der Teilhabe am Leben die Sozialarbeit verstärkt in die betroffenen Familien gehen, um einen wesentlich schärferen Blick auf das soziale Umfeld der Kinder und Jugendlichen zu werfen und die tatsächliche Beeinträchtigung – und nicht nur die gutachterlich festgestellte – zu bewerten.

 

Als besonders schwierig stellt sich für den Fachbereich die erneute Vakanz in der Beratungsstelle durch den Weggang der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin dar.

 

Die kurze Verweilzeit auf der Stelle hat nicht einmal ausgereicht, die Rückstände aufzuarbeiten, geschweige denn – außer in sehr gravie­renden Fällen – sich mit den Neuzugängen dieses Jahres auseinan­der zu setzen.

 

Die dem Fachbereich damit fehlende Möglichkeit der eigenen
gutachterlichen Bewertung  führt  dazu, dass Fremdgutachten quasi ohne Prüfung hinzunehmen und in Hilfeleistung umzusetzen sind.

 

Investive Mittel für den Krippen- und Tagesstättenausbau:

 

Die vom Fachbereich für 2009 hierfür angesetzten Mittel werden auf­grund der Schwierigkeiten in den Kommunen nicht vollständig abge­fordert. Es wird hier eine Übertragung der Mittel in 2010 erfolgen müssen, um die Gelder zusätzlich zu den für 2010 zu veranschla­genden Mitteln bereit zu stellen und den Kommunen vereinbarungs­gemäß zuführen zu können.