Betreff
Abschluss einer Zweckvereinbarung zur Übertragung der Aufgaben einer integrierten Einsatzleitstelle für Feuerwehr und Rettungsdienst auf den Landkreis Schaumburg
Vorlage
2011/ABR/007
Art
Ausschuss für Brandschutz und Rettungs.

Die Zweckvereinbarung mit dem Landkreis Schaumburg zur Übertragung der Aufgaben einer integrierten Einsatzleitstelle für Feuerwehr und Rettungsdienst wird geschlossen.


1. Vorgeschichte

 

Das Land Niedersachsen hatte vor der Neufassung des NRettDG das Ziel verfolgt, kooperative Leitstellen (zuständig für den Rettungsdienst, die Feuerwehr, die Polizei)  zu fördern und dadurch die Anzahl der Leitstellen drastisch zu reduzieren. Die Kostenträger unterstützten dieses Vorhaben.

 

§ 6 der Neufassung des Nds. Rettungsdienstgesetzes enthält folgende Regelungen:

 

Abs. 1:

Die Rettungsleitstelle ist die Einsatzzentrale für den Rettungsdienst eines Rettungsdienstbereiches. Die Rettungsleitstelle wird zusammen mit der Feuerwehr-Einsatz-Leitstelle im Rettungsdienstbereich als integrierte Leitstelle betrieben.  Mehrere kommunale Träger können eine für ihre jeweiligen Rettungsdienstbereiche zuständige gemeinsame integrierte Leitstelle betreiben. Integrierte Leitstellen und gemeinsame integrierte Leitstellen sind Rettungsleitstellen im Sinne dieses Gesetzes.

 

Abs. 2:

Die kommunalen Träger und das Land können vereinbaren, dass die gemeinsame integrierte Leitstelle und eine Polizeidienststelle Räumlichkeiten und sonstige der Aufgabenerfüllung dienende Mittel gemeinsam nutzen (Leitstellenkooperation).

 

 

Zeitlicher Ablauf

 

1.1      Betrachtungen und Berechnungen zu einer etwaigen Leitstellenfusion im Jahr 2004/2005

 

Die Landkreise Nienburg/Weser, Schaumburg, Hameln-Pyrmont, Holzminden sowie die Stadt Hameln, bezeichnet als so genannte „Weserschiene“ haben in den Jahren 2004/2005 verschiedene Alternativen der  interkommunalen Zusammenarbeit betrachtet und zwar

 

·      eine gemeinsame integrierte Leitstelle aller 5 Kommunen (große Lösung)

·      gemeinsame Leitstellen Nienburg/Schaumburg und Hameln/Stadt Hameln/Holzminden (kleine Lösungen)

·      jeweils mit der Option für eine Kooperation mit einer Polizeileitstelle.

 

Die Berechnungen ergaben Einsparungspotentiale, wobei die „kleine Lösung“ – eine gemeinsame Leitstelle Nienburg –Schaumburg- vergleichbare Einsparpotentiale wie die „große Lösung“ (alle 5 Kommunen) bot.

 

Die Stadt Hameln und die Landkreise Hameln-Pyrmont und Holzminden haben im Jahr 2006 gemeinsam mit der Polizeiinspektion Hameln entschieden, eine kooperative Regionalleitstelle in Hameln zu bauen. Der Betrieb wurde zum 01.08.2009 aufgenommen.

 

 

1.2      Betrachtungen und Berechnungen zu einer etwaigen Leitstellenfusion in den Jahren 2007/2008/2009

 

Da die Berechnungen 2006 gezeigt hatten, dass vergleichbare Einsparpotentiale bei der „kleinen Lösung (gemeinsame Leitstelle Schaumburg-Nienburg)“ gegenüber der „großen Lösung (alle 5 Landkreise)“ erzielt werden können, wurden die Gespräche zwischen den Landkreisen Nienburg und Schaumburg fortgesetzt.

 

Es wurden dabei  folgende Aspekte betrachtet:

 

·      personelle Auswirkungen

·      technische und räumlichen Auswirkungen

·      organisatorische Auswirkungen.

 

Die personellen Auswirkungen wurden durch die Landkreise auf der Grundlage der Ermittlungen aus dem Jahr 2006 betrachtet, aktuelle Anpassungen vorgenommen.

 

Ergebnis der Personalbetrachtung war, dass sich deutliche Einsparungen im Bereich der Personalkosten (pauschal gerechnet ca. 420.000 € jährlich) erzielen lassen, natürlich nur mittelfristig und im Rahmen von personalverträglichem Stellenabbau.

 

Die technischen sowie räumlichen Anforderungen und Auswirkungen einer Fusion wurden in Zusammenarbeit mit den Ingenieurbüro Schmidt + Willmes, Hamm untersucht.

 

Es wurden drei Varianten betrachtet:

 

·      Leitstelle in Nienburg in dem vorhandenen Gebäude

·      Leitstelle in den vorhandenen Räumen in Stadthagen

·      Anbau neuer Räume an das Kreishaus sowie Nutzung der vorhandenen Räume in Stadthagen.

 

Das Beratungsunternehmen hat den Neubau in Stadthagen (Variante B im Gutachten) als die sicherere und zukunftsfähigere Variante bezeichnet.

 

Im Dezember 2008 bot der Landkreis Hameln-Pyrmont den Landkreisen Nienburg und Schaumburg an, sich an der Kooperativen Leitstelle Weserbergland in Hameln zu beteiligen. Die darauf seitens der Verwaltung gemachten Berechnungen kamen zu dem Schluss, dass sich die wirtschaftlichen Auswirkungen für die KLR oder einer zukünftigen gemeinsamen Leitstelle der Landkreis Nienburg und Schaumburg nominell in vergleichbaren Größenordnungen bewegen. Die organisatorischen Auswirkungen sprachen eindeutig für eine kleinere Lösung (Drucksache Nr. 2009/ABR/008-01).

 

Da Innenministerium und Kostenträger eine über die Verwaltungsexpertise hinaus gehende vertiefte ganzheitliche gutachterliche Bewertung für erforderlich hielten, wurde vorgeschlagen, ein ganzheitliches Gutachten über Personal- und Sachkosten auf der Basis gemeinsam abgestimmter Parameter zu erstellen, die Kosten werden übernommen. Diesem Vorgehen stimmten die beteiligten Landkreise zu.

 

2.  Erstellung von Gutachten für die Personal- sowie die Sachausstattung

 

Die Vorgehensweise sowie die Auswahl der Gutachter wurden mit den Landkreisen Hameln-Pyrmont, Schaumburg, Vertretern der Kostenträger sowie dem Vertreter des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport abgestimmt.

 

Der Auftrag für die Erstellung des Gutachtens im Bereich Personal wurde an die Fa. ORGAKOM, Waldbronn erteilt.

 

Die Ingenieurbüros Schmidt & Willmes und Drägert & Harmeling als die in diesem Verfahren bereits beteiligten Ingenieurbüros erhielten den Auftrag mit der Zielsetzung, eine Gegenüberstellung der möglichen Leitstellenvarianten auf Basis vergleichbarer technischer und Dienstleistungsqualitäten für die Landkreise Nienburg/Weser, Schaumburg und der KRL vorzunehmen und die dauerhaft technisch und wirtschaftlich vorzugswürdigere Lösung zu ermitteln. 

 

 

2.1    Personalbemessung durch die Fa. ORGAKOM

 

Die von der Firma ORGAKOM durchgeführte Personalbemessung (Zusammenfassung Anlage 1a und b) basiert auf der Datengrundlage erstes Halbjahr 2010. Die in der beigefügten Übersichtstabelle (Anlage 1b) zusammengefassten Berechnungen bestätigen, dass mit der Aufgabe der bisher getrennten Leitstellen in Stadthagen und Nienburg personell erhebliches Einsparpotential einhergeht:

 

Der Gutachter geht bei einer zukunftsfähigen Personalausstattung getrennt betriebener Leitstellen Nienburg und Schaumburg von zusammen 29,5 Vollzeitkräften (gegenwärtig 25) aus. Dies führt zu einer Gesamtpersonalausstattung der drei bestehenden Leitstellen von hypothetisch 46,7 Stellen. Bei der Bildung zweier Verbünde ergäbe sich eine erforderliche Gesamtpersonalausstattung von 35,9, bei der Bildung einer einheitlichen Regionalleitstelle von 33 bis 37 Vollzeitkräften, je nach Besetzungsszenario. Auf die entsprechenden Ausführungen in der Zusammenfassung des Personalgutachtens (Anlage 1a) wird verwiesen.

 

 

2.2    Bewertung der Sachausstattung und –kosten durch die Ingenieurbüros Schmidt & Willmes (ISW) und Drägert & Harmeling (IDH)

 

Die Expertise der beiden Gutachter (Zusammenfassung Anlage 2a und b) hatte sich mit der komplexen Problemstellung auseinanderzusetzen, zwei Fusionsvarianten technisch und wirtschaftlich zu bewerten, die unterschiedlichen Anforderungen entsprechend technisch unterschiedlich konzipiert und zudem einerseits bereits fertig gestellt und andererseits im Konzeptstadium waren. Das Gutachten setzt sich beispielsweise mit unterschiedlichen Konzepten der Rückfallebenen und Anforderungen der funktechnischen Anbindung auseinander. Letztendlich war es aus der Sicht der Gutachter nicht möglich, eine eindeutige Festlegung auf klare Vor- und Nachteile, Stärken und Schwächen der drei Leitstellenkonzepte eindeutig und einvernehmlich herauszustellen. Keine vergleichende Aussage konnte zur Anbindung an das zukünftige bundesweite BOS-Digitalfunknetz getroffen werden, weil mangels konkreter Anforderungen und dementsprechend verbindlicher Kostensätze eine belastbare Kostenkalkulation für die gemeinsame Leitstelle in Nienburg/Schaumburg nicht möglich war. Unter diesen Prämissen stellen die Gutachter fest:

 

"Die drei Standorte sind für die Realisierung der Zusammenlegung der Leitstellen in der jeweiligen Konstellation mit den damit verbundenen unterschiedlichen Anforderungen geeignet. Man kann eindeutig festhalten, dass die Anforderungen der Regionalleitstelle sowohl in Nienburg als auch in Schaumburg umgesetzt werden können.
Ebenso ist unzweifelhaft feststellbar, dass die Leitstelle in Hameln geeignet ist auch die zusätzlichen Anforderungen aus Nienburg und Schaumburg umzusetzen."

 

Die Gegenüberstellung der jährlichen Kosten für die Leitstellenvarianten ergibt sich aus Anlage 2b. Im Ergebnis liegen die jährlichen Kosten einer gemeinsamen Leitstelle in Stadthagen um über 70.000,00 € unter dem Angebot des Landkreises Hameln-Pyrmont. Die Mehrkosten gegenüber einer hypothetischen Regionalleitstelle in Nienburg gehen ausweislich des Entwurfs der Zweckvereinbarung zu Lasten des Landkreises Schaumburg.

 

Anzumerken ist, dass bereits in dem Gutachten der ISW von 2007/2008 festgestellt wurde, dass es notwendig ist, die beiden vorhandenen Leitstellen Nienburg und Schaumburg (unter anderem wegen der Notwendigkeit, den digitalen Funk zu integrieren) zu modernisieren. Aufgrund der bisherigen Fusionsbestrebungen wurden einige Investitionen in den beiden vergangenen Jahren nicht getätigt, so dass hier ohne eine zügige Fusion ein akuter Handlungsbedarf besteht.

 

 

 

 

3.  Zusammenfassung

 

Beide Obergutachten bestätigen im Wesentlichen die Ergebnisse der verwaltungseigenen Expertise (Drucksache Nr. 2009/ABR/008-01):

 

Die bestehende Leitstellenstruktur in Nienburg und Schaumburg ist wirtschaftlich nicht zukunftsfähig. Die Zusammenführung der Leitstellen ist unabhängig von der gewählten Variante mit erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen verbunden.

 

Einer unter bestimmten Voraussetzungen geringfügig vorteilhaften Personalbilanz bei einer großen Lösung in Hameln stehen deutlich größere personelle Probleme bei der Umsetzung (s. Anlage 1a, Ziffer 3.4.2) gegenüber. Die finanziellen Vorteile der kleinen Lösung bei den sonstigen laufenden Kosten dürften sich bei der Implementierung des Digitalfunks relativieren.

 

Nach allem gibt es keine schlagenden wirtschaftlichen oder technischen Gründe, die entscheidend für eine große Lösung in Hameln sprechen. Vielmehr ist die anstehende politische Entscheidung insoweit offen, so dass es entscheidend auf die im bisherigen Verfahren dargelegten organisatorischen Gründe (Drucksache Nr. 2009/ABR/008-01, Ziffer 4.3) sowie auf die vom Personalgutachter neu aufgezeigten Umsetzungsvorteile für eine kleine Lösung ankommt.

 

Die Entscheidungsgrundlagen für den Beschluss des Kreisausschusses vom 11.05.2009 (Drucksache Nr. 2009/ABR/008-04) auf der Basis des nochmals beigefügten Eckdatenpapiers (Anlage 3) mit dem Landkreis Schaumburg eine Leitstellenfusion anzustreben, sind somit insgesamt bestätigt worden.

 

4. Zweckvereinbarung

 

Die mit Beschluss des Kreisausschusses vom 11.05.2009 an den Landkreis Schaumburg herangetragenen Eckpunkte für eine Fusion der Leitstellen sind dort akzeptiert und von den Verwaltungen ohne Abstriche in den beigefügten Entwurf einer Zweckvereinbarung (Anlage 4) aufgenommen worden:

 

·      Der Landkreis Schaumburg erweitert und erneuert entsprechend der gemeinsam beauftragten Expertise der "Ingenieur GmbH Schmidt & Willmes" seine bestehende Einrichtung mit dem Ziel einer zukunftsfähigen Versorgung beider Kreisgebiete (§ 1 Abs. 1).

·      Die Kosten für die zusätzlichen Baumaßnahmen in Stadthagen, die über eine hypothetische Zusammenlegung in den Leitstellenräumlichkeiten in Nienburg hinausgehen, gehen nicht zu Lasten des Landkreises Nienburg/Weser (§ 5 Abs. 2).

·      Der Lastenausgleich hinsichtlich Kosten und Personal erfolgt entsprechend den aktuellen Einwohnerzahlen der beteiligten Landkreise (§ 5 Abs. 3 Kosten, § 4 Abs. 1 Personal).

Darüber hinaus sei auf folgende Regelungen hingewiesen:

 

·      Die sachgerechte Wahrnehmung der rettungsdienstlichen Aufgaben gegen­über mit dem Landkreis Nienburg/Weser vertraglich verbundenen Dritten wird ebenso verbindlich festgeschrieben wie fortgesetzte Wahrnehmung von Sonderaufgaben (§ 2 Abs. 1 und 4).

·      Die Gestaltungsmöglichkeiten des Landkreises Nienburg/Weser als Träger des Rettungsdienstes werden gegenüber der neuen Einrichtung verbindlich vereinbart (§ 6 Abs. 2).

 

Die im Eckpunktepapier vorgesehene parallele Übertragung der Zuständigkeit für den gemeinsamen Betrieb eines Rechnungsprüfungsamtes auf den Landkreis Nienburg ist in der Präambel festgeschrieben. Die entsprechende Zweckvereinbarung befindet sich in der Endabstimmung und wird zur vorbereitenden Sitzung des Kreisausschusses vorliegen.


Anlagen: